Süddeutschland: „Bauernkrieg als Touristenspektakel“ so titelt der SPIEGEL – gleich neben der Papstwahl. Das hat schon etwas.
Kritisiert wird vor allem die Landesausstellung „UFFRUR!“ in Bad Schussenried und deren KI-generierte historische Figuren: Sie ergeben kein authentisches historisches Bild der Zeit um 1525, tragen keine historisch korrekten Frisuren und Gewänder. Dennoch führen sie durch die Ausstellung, und am unteren Bildschirmrand wird angezeigt, wie sie generiert wurden. Man kann dem Prozess also zuschauen..
Die Besucherinnen und Besucher stört dies offensichtlich nicht – genauso wenig wie mich. Wir hören gebannt zu, wie beispielsweise im „Kommando-Raum“ die Kriegsberichterstattung anno 1525 läuft. Geschichte wird emotional.
Dabei sind die acht lebensgroßen KI-Persönlichkeiten, wie Götz von Berlichingen, Margarete Renner, Sebastian Lotzer und Georg Truchsess von Waldburg, nur ein Teil der Ausstellung 1525 und bewusst als ‚Kunstfiguren‘ konzipiert. Deren Charaktere stehen im Vordergrund, und dies herauszuarbeiten, ist meiner Meinung nach gelungen.
Originalexponate neben KI
Über 150 Originalexponate – darunter Flugschriften, Bücher, Waffen, Gemälde, Skulpturen und Kleidungsstücke – veranschaulichen die Hintergründe und Auswirkungen des Konflikts. Faszinierend ist zum Beispiel die berühmte „Weißenauer Chronik“ mit ihrem farbigen, detailreichen Erscheinungsbild.
Mein persönliches historisches Highlight war die Flugschrift der Zwölf Artikel von 1525 aus dem Allgäuer Dorf Rettenberg am Grünten: Sie gelangte nach Großbritannien und versetzte dortige Machthaber in Unruhe, da man fürchtete, der Aufstand könnte sich auch in England ausbreiten.
Informativ ist auch die kleine Ausstellung zum Thema Forschung: Man erhält Einblick ins Labor der Universität Tübingen, die Knochen der in der Schlacht von Leipheim erschlagenen Menschen von 1525 untersucht. Anhand der Knochen sind deren Krankheiten erkennbar.
Interessant für mich: die kleine hölzerne Figur eines Bauern, der das Zehntgeld abliefert.
Überrascht war ich vom letzten Bild der Ausstellung: In Lebensgröße steht auf der Leinwand Kommissar Kluftinger alias Herbert Knaup vor mir. Er resümiert, warum die Bauern verloren haben.
Kommissar Kluftinger und 1525?
Ich war neugierig und habe die Ausstellungsmacher gefragt, wie sie auf Knaup kamen: Für sie stellt die Kunstfigur Kommissar Kluftinger von Michael Kobr und Volker Klüpfel den idealen und durch die Verfilmungen deutschlandweit bekannten Allgäuer dar. Und der Film kommt gut an, wie man beobachten kann.
Apropos KI und Kunstfiguren: Auch die kleine Bayernausstellung 1525 in Memmingen stellt Sebastian Lotzer gleich zweimal KI-generiert dar – weil es keine Überlieferung seines Aussehens gibt.
Was ich egal wo – ob in Bayern oder Baden-Württemberg – schade finde: Keine der Figuren spricht in einer süddeutschen Klangfarbe, alle ein reines Hochdeutsch. Nur auf der Waldburg spricht aus dem Bilderrahmen der Truchsess und seine Dame im schönen Schwäbisch!
Besucht die Ausstellungen!
Heribert Prantl sagte: „Es ist das Wurzeljahr unserer Demokratie“ – und bringt es damit auf den Punkt. Ich kann es jedem nur ans Herz legen: Nutzt die vielfältigen Formate, die Ausstellungen, und lasst euch überraschen, wie gut das Thema 1525 – und vor allem überall anders – aufbereitet ist!