Alpenwellness Allgäu: Ein Kraft-Ort in Schwangau – das König Ludwig
Alpen… äh, was bitte? Alpenwellness? Wir wollen wissen, wie es sich anfühlt, wenn man zwischen Almen entspannt und Kräuter erlebt. Wir? Eine Fotografin und ein Autor aus Hamburg, zwei Reisejournalisten, die ihrer Sammlung an Länderpunkten einen weiteren hinzu fügen – das Allgäu. Station 20: ein Kraft-Ort in Schwangau, das Wellness-Resort „König Ludwig“
Ein Hotelportrait von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)
Ach, come on, das kann nur ein Gimmick sein. Trainerin Nadine hält uns eine etwa 1,50 Meter lange Plexiglasröhre hin, die zur Hälfte gefüllt ist mit gefärbtem Wasser. Damit beginnen wir heute die Übung, sagt sie. Und für einen Moment sieht man die Ungläubigkeit im Gesicht einiger Teilnehmer. Die bunte Röhre weckt Skepsis. Das kennt jeder von sich – Momente, in denen man sich dem Neuen verweigert. Doch während man sich im Alltag solche Momente erlauben kann, wird man an diesem Ort ständig mit dem Neuen konfrontiert…
Und so ächzen wir alle, die Zweifler, die Vorsichtigen, die Neugierigen und die Euphorischen mit dem bunten Wasser. Gar nicht so leicht, die Röhre auszurichten, still zu halten, die Bewegungen zu steuern. Muskelgruppen geraten in Wallung, die schon lange nicht mehr aktiv gewesen sind. Functional Training liegt im Trend. Im Vordergrund steht nicht mehr der Aufbau von Muskelmasse. Es zählt Koordination, Stabilität, Beweglichkeit, Kraft. Und die Slashpipe entpuppt sich als probates Mittel.
Andere lernen wir im weiteren Verlauf der Session kennen: TRX, ein Seilsystem mit Schlaufen, in die man Hände und/oder Füße einfädelt, um dann mit dem Gewicht des eigenen Körpers zu trainieren. Sehr anstrengend. Und sehr unterhaltsam, weil es anfangs gar nicht so leicht fällt, den an Seilen hängenden, eigenen Körper zu beherrschen. Wir liften und schwingen Cattle-Bells, die eisernen Kuhglocken fühlen sich schnell schwerer an als sie sind. Und wir schieben uns über die Faszien-Rolle, die die Faszien – quasi den Widerpart unserer Muskeln – lockert. Schon nach der ersten Trainings-Einheit haben wir so viel Neues ausprobiert, wie lange nicht.
Das Neue zulassen ist eines der Prinzipien des Hotels König Ludwig. Dabei macht es auf den ersten Blick den Eindruck, als handele es sich um eines der über sich hinaus gewachsenen Traditionshäuser, wie es viele gibt in der Region. Doch beim Gespräch mit Inhaber Florian Lingenfelder in der formidabel ausgestatteten Bar bei einem formidabel zubereiteten Drink erfahren wir die ganze Geschichte. Sie beginnt in den 1970er Jahren, als der Betreiber eines Elektro-Fachwarengeschäfts ahnt, dass ihm die großen Elektronik-Kaufhäuser eines Tages den Garaus machen. Er veräußert sein Geschäft und beginnt mit Immobilien zu handeln. Ihm wird ein modernisierungswürdiges Kurhotel auf einem großen Grundstück angeboten. Er übernimmt das Objekt und führt das Hotel zum Erfolg. Der Elektro-Fachwarenhändler in dieser Kurzform der Familiengeschichte war der Vater von Florian Lingenfelder. Inzwischen führt der Sohn das Haus. Er macht manches anders als der Vater. Doch ein Prinzip ist geblieben – das Neue nicht scheuen, Chancen erkennen, Wandel gestalten. Ein Hotel darf nie stagnieren.
Das Haus? In Deutschland gibt es nicht so viele Hotels, die man als Resort bezeichnen könnte. Das König Ludwig dürfte diesen Namen tragen. Mehrere miteinander verbundene Gebäude auf einem großen Grundstück. Dessen Zentrum ist geprägt von einer weitläufigen Wellness-Anlage. Ein Hallenbad mit einer geschwungenen Dach-Konstruktion, die an die Architektur der Berliner Kongresshalle erinnert, ein großer Außenpool, eine vielfältige Sauna-Anlage mit Außenbereich, ein fein ausgestatteter Fitness-Club mit Maschinen und Menschen, die sich als echte Experten entpuppen. Und das ist etwas, was hier besonders auffällt: Es arbeiten hier verdammt gute Leute. Nadine, eine der Trainerinnen im König Ludwig, kennt neueste Geräte und neueste Anwendungen – und empfiehlt ihren Gästen gegebenenfalls, bestimmte Übungen auszulassen. Das mag mancher Leser für eine Selbstverständlichkeit halten. Ist es aber nicht.
Gute Mitarbeiter zu finden, ist nicht leicht. Gute Mitarbeiter weiterzubilden, ist besonders schwer. Und teuer. Wir nehmen an einem Wine-Tasting teil. Sommelier xxx Harkai stellt sechs Flaschen vor, darunter zwei Raritäten (einen Rotwein aus den Marken und einen Süßwein aus Südtirol). Doch bevor verkosten, werden uns nach und nach zehn Düfte präsentiert, um sie zu bestimmen. Ein Test, der allen viel Spaß macht, sich aber auch als echte Herausforderung entpuppt. Später zeigt sich, dass es nicht genügt, „Zitrusfrucht“ zu schreiben, sondern die konkrete Angabe zählt: Grapefruit. Die Trefferquoten liegt im Durchschnitt bei drei bis fünf. Danach geht es an die feinen Weine. Man kommt ins Gespräch mit dem Sommelier und seiner Mitarbeiterin. Sie erzählen von Degustationsreisen und den Weingütern, die sie besucht haben.
Gute Leute machen gute Arbeit, sie spornen sich gegenseitig an. „Qualität“, schrieb der Journalist und Buchautor Wolf Schneider einst, „kommt von Qual“. So überrascht es nicht, dass einem das König Ludwig-Team auch beim Essen viel Freude bereitet. Es wird frisch gekocht für das Restaurant, anspruchsvoll und doch mit regionalem Bezug. Wer ein vegetarisches Gericht bestellt, bekommt nicht einfach den Hauptgang ohne Fleisch, sondern ein echtes Menü. Gern mit einer Gemüse-Terrine in Pyramiden-Form. Und zum Abschluss vielleicht einen Schnaps aus der Region vom Digestifwagen?
Wir kehren zurück in unser Zimmer im neuen Suiten-Haus des Resorts. Ein großer Raum, bodentief verglast, eingerichtet im modernen Stil-Mix: Ein Kronleuchter hängt über dem bequemen Sofa aus Vintage-Leder, die Tapete spielt mit Repro-Mustern, das Fischgrät-Parkett hüllt sich in einen Wollteppich. Das Bad ist eine ein Private Spa hinter Milchglas, mit großer Dusche, Bidet und eigener Sauna. Wir setzen uns auf den Balkon und sehen über den Forggensee in die Bergwelt. Ein paar Kühe muhen. Ansonsten ist es unfassbar ruhig. Plötzlich teilen sich die dunklen Wolken. Der Mond schaut auf uns hinab und lächelt. Zufrieden lächeln wir zurück. So also geht Alpenwellness im Allgäu. Wir sollten unbedingt ein paar Tage verlängern.
Hotel König Ludwig. Wohlfühl-Resort und Kraft-Ort, an dem man den „Kini“ schnell vergisst.
Schloss Neuschwanstein. Sie wollen das Schloss dennoch besuchen, das Hotel hilft bei der Organisation.
Alpenwellness. Die besten Adressen in der Region, denn sie wissen ja: Gute Leute machen gute Arbeit.