18.

Aug

Das historische Iller-Floß – ein Nachbau mit Premierenfahrt nach Ulm

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Nach 100 Jahren wieder ein Iller-Floß in Ulm

Großer Applaus der 60.000 Gäste für das Iller-Floß: Nach 100 Jahren legte in Ulm am Schwörmontag der Nachbau eines historischen Iller-Floß an und nahm nachmittags am Nabada teil. Morgens um sechs Uhr machten sich die Flößer aus dem Illerwinkel auf den Weg nach Ulm, genauer gesagt nach Wiblingen. Denn dort, wo die bayerisch-baden-württembergische Grenze in einem 90 Grad Bogen durch die Iller verläuft, war auch die einzige Möglichkeit, das Langholz fürs Floß abzuladen. 18 Stämme, 18 m lang, dazu noch die Stämme für die Verstrebung, vier sieben Meter lange Ruder und Bretter als Sitzgelegenheit.  All das wurde an den Iller-Damm gefahren, abgeladen und verbaut. Knapp 22 Tonnen war das Floß schwer. Selbst die Polizei schaute vorbei und prüfte die Genehmigung.

Stamm für Stamm in die Iller

Der Aufbau im Wasser

Mit dem Aufbau im Wasser waren ein Dutzend Männer vom Heimatdients Illertal e.V. beschäftigt. Der Langholz-Laster ließ Stamm für Stamm ins Wasser rollen. Drei Männer zogen ihn mit Äxten zum nächsten, wo schon die anderen Männer arbeiteten. Und so fügte sich das Iller-Floß schließlich zusammen, gehalten mit Drahtschlingen über Querhölzer. Zwei Ruder je vorne und hinten steuerten das Floß, auch sie wurden nach historischem Vorbild gebaut. Drei Stangen pro Seite wurden zum Schieben mitgeführt. Um 10 Uhr war das Floß komplett zusammengebaut. „Eine grandiose Leistung, wenn man bedenkt, dass keiner von uns Erfahrung im Floßbau hat. Wir wussten ja nicht, wie gut die Stämme im Wasser zu manövrieren sind“, meint Markus Müller, der zusammen mit Petrus Mayer, Karl Frieß und Ruprecht Schmid federführend den Floßbau koordinierte.

 

Die Flößerei

Es legte sich eine Stille übers Floß. Das Abenteuer begann. Und dann das Gefühl der Freude. Solch ein Genuss über die Iller zu flößen. Aufgeregt waren nur die Mitfahrer als sich der Wiblinger Bogen und so manche Kiesbank zeigte. Das waren die kritischen Stellen, um mit dem schweren Floß am Ufer entweder zu stark am Ufer aufzuprallen oder und aufzusitzen  Um die Uhrzeit war es auf der Iller noch ruhig. Dann kam die Donau-Mündung. Da die Iller mehr Wasser führt, war deren Strömung keine Gefahr fürs Iller-Floß. Die Donau machte sich insofern bemerkbar, als dass die Fließgeschwindigkeit ruhiger wurde. Mehr Wasser ermöglichte auch eine breitere Fahrrinne. Das Landschaftsbild änderte sich: Anstelle von Auwäldern sah man das Ulmer Münster. Die Stadt rückte näher. Damit auch die Eisenbahnbrücke und die größte Herausforderung für die Flößer.

Die DLRG Ulm wartete schon auf das Iller-Floß und eskortierte

Wie mit dem technischen Team des Nabadas vereinbart, kam nun der schwierigste Akt: Am Brückenpfeiler war von den Ulmern ein Seil angebracht, erkenntlich an einer Boje. Ein eigenes Team des Heimatdienst Illertal e.V, mit Kajak-Fahrer, sollte das Seil aufnehmen um das Floß dann an den Brückenpfeiler zu hängen. Hans-Willi Urban bekam noch Unterstützung vom Kanu-Team mit Anna Wörle und Tobias Kuen, welches ein weiteres Seil kurz vor der Brücke zum Floß bringen sollte. Mit zwei Seilen sollte es sicherer sein, sich an den Brückenpfeiler zu hängen und von dort aus mit gebremster Geschwindigkeit am Ufer festmachen zu können. Alle Teile und Engstellen des Manövrier-, Brems- und Anlegemanövers wurden mit Bravour gemeistert.

Die Iller-Flößer hatten den Ulmern gezeigt, sie können´s!

Das stattlich Floß, nun am Rande der Altstadt Ulms gelegen, zog die Blicke auf sich. Es wurde bestaunt und fotografiert, die Zuschauer zollten Respekt, an Land und auf dem Wasser. „Auch uns wurde bei der ganzen Aktion bewusst, was die Iller-Flößer damals geleistet haben“, sagte Karl Frieß. „Sie waren bei Wind und Wetter im Wasser, leisteten Schwerstarbeit und riskierten sogar ihr Leben“.

Von der Historie zum Nabada

„Ohne Floß nichts los“, kommentierte Antenne Bayerns Moderator Leikermoser die Aktion. Das beherzigten die Iller-Flößer beim Nabada: Mit der Startnummer 10 waren das historische Iller-Floß vorne dabei bei den offiziellen Schiffen dabei. Doch die Meute der wilden Nabada holte sie ein. Aus Schlauchbooten und andere Wassergefährten kam kübelweise Wasser, viele versuchten das Floß zu entern. Doch die Flößer verteidigten ihr Iller-Floß. Da sie zwar 20 Flößer waren, aber nur zwei (Werkzeug-) Eimer hatten, behalfen sie sich mit ihren Bierkrügen. Sepp Fischer, übrigens der letzte Fährmann auf der Iller, führte sein Multifunktionsgerät mit: ein alphornähnliches Instrument, das unten mit einem Blecheimer als Trichter endete, wurde schlichtweg mal als Musikinstrument, mal als Eimer genutzt.

 

100 Jahre Illerfloß – 100 Jahre Freistaat Bayern

Die Iller und die Donau, der Illerwinkel und Ulm sind eng verbunden. Noch heute existiert der Planungsverband Donau-Iller, doch kurz zur Geschichte: Der Ulmer Schwörmontag existiert seit 1397; an diesem Tag leistet der Bürgermeister seinen Bürgern den Treueschwur. Auch die Illerflößerei mit Hauptziel Ulm wurde erstmals urkundlich 1397 erwähnt. Die letzte Fahrt eines Floßes aus dem Illerwinkel fand im Jahre 1918 statt und lieferten Holz für Ulm.  Jahrhundertelang wurde Holz, Steine, Käse oder Tiere aus dem Illertal nach Ulm transportiert und nun war nach 100 Jahren genau der richtige Zeitpunkt, dies Thema aufzugreifen. Zumal der Heimatdienst Illertal noch einen engen Bezug zur Iller hat: Heute setzt der letzte Fährmann, Sepp Fischer, Gäste über die Iller. Das Holz fürs Floß kommt wie die Jahrhunderte zuvor auch aus dem Kronburger Wald, von den Freiherren von Vequel-Westernach und HDI-Kustor Ruprecht Schmid wohnt im Haus des letzten Iller-Floßmeisters. Die Kirche in Kardorf ist dem HL. Nikolaus geweiht, dem Patron der Flößer, zusätzlich schützt dort der Hl. Nepomuk die Flößer.

Doch da alles Neuland ist, bedurfte der Floßbau einer langen Vorbereitung:

Mehrmals wurde die Flößerei von Michael Angermeier in Wolfratshausen an der Isar besucht. Dort erfuhren sie beste Unterstützung: Nicht nur dass ausführlich erklärte wurde und sie ans Ruder durften, sondern auch das nötige Werkzeug liehen sie kostenfrei dem Heimatdienst. Dann ging es zum Trainieren auf die Donau, die Einweisung erfolgte vom dortigen Nabada-Team: Es musste die vergleichsweise leichte Donau-Zille durchs mittlere Joch der Eisenbahnbrücke gesteuert werden. Das war eine Herausforderung für die Flößer mit ihrem kapitalen Iller-Floß!

Der Beginn im Wald: einzelne Stämme werden geschlagen und geschält

 

Die Geschichte rund ums Floß

Den Floßbau maßgeblich ermöglicht haben Markus Müller, Petrus Mayr, Ruprecht Schmid, Karl und Markus Frieß, Josef Härle, Georg Geiger, Sepp Fischer, Berthold Wörle, Hans Willi Urban, Winfried Straub und Andreas Hengler. Viele weitere unterstützen mit Maschineneinsatz oder beim Aufbau. So liehen die LEW Wathosen aus und die Brauerei Kornburg sponsorte zwei Fässer Bier, die T-Shirts von blauesgelb. „Wir waren alle ein gutes Team, sonst hätten wir das Floß nicht bauen und steuern können“, bekräftigt Markus Müller. Medial begleitet übrigens von der Südwestpresse Ulm, der Schwäbischen Zeitung, den Radiosendern SWR4, Donau 3FM, dasding, BR und Antenne Bayern, im Live-Stream von SWR und der SWP sowie der Schwäbischen Zeitung. Regional begleitet wurde das Projekt von der Memminger Zeitung, von TV Allgäu und Allgaeulife, dem Heimatbund Allgäu sowie dem MAD Verlag

2018 Nabada Viele Wilde

Der Heimatdienst Illertale e.V. freut sich außerdem, dass das Projekt von der Lokale Aktionsgruppe Unterallgäu als eine Einzelmaßnahme „Bürgerengagement“ unterstützt wird. Es stärkt durch die Einbindung vieler Akteure im historischen Kontext das Profil des Landkreises.

 

https://youtu.be/foD5Z3N5gII

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