4.

Jul

Radrunde Allgäu – unglaublich erfrischend

Registrierter

experten-autor

Es ist heiß, über 30 Grad.  Und so soll es die nächsten drei Tage unserer Touren bleiben. Aber wir sind bestens ausgestattet mit wahlweise ausgeliehenen eBike, E-MTB oder eigenem Rennrad. Unsere heutiges Tagesziel ist  die Etappe Bad Wurzach – Kisslegg – Wolfegg – Wangen -Isny der Radrunde Allgäu, sie führt uns an zahlreichen Moorseen vorbei und durch Wälder. Unglaublich erfrischend!

Und so war es gar nicht so heiß, als wir unseren ersten Stopp einlegten, bei Philip Sontag, Metzger und Fleischsommelier. Ein junger Handwerker, der in fünfter Generation den Betrieb in Kisslegg führt. Doch um auch in der Zukunft bestehen zu können, hat er eine klare Abgrenzung geschaffen: Von den wenigen Kunden, die heute noch in einer Metzgerei einkaufen, ist ein Betrieb nach seinen Vorstellungen nicht zu führen.

Er selbst bezeichnet sich als Tierschützer: Seine Landwirte bringen die Tiere noch selbst ins Schlachthaus hinter der Metzgerei. Sie kommen aus der Umgebung,  werden mit Respekt behandelt. Philipp Sontag bringt Menschen in Kursen bei, wie sie mit dem wertvollen Fleisch und allen Teilen bestmöglichst umgehen. So entsteht Respekt und Wertschätzung für das Tier, den Landwirt, das Metzgerhandwerk. Wir bekommen einen komprimierten Einblick in das Leben eines örtlichen Handwerkers, eines Metzgers in einer ländlichen Region. Mit seinen „Metzger-Duplo“ verlassen wir seinen Laden – die verschiedenen Hartwürste, dazu Vollkornsemmeln und Seelen vom Dorfbäcker sind besser als jede Sportler-Nahrung aus der Kunststoffverpackung: Sie stärken uns über den Tag. Denn bei einem solchen Wetter lassen wir uns treiben, machen Brotzeit dort, wo es uns gerade gefällt.

Radrunde Allgäu

In Wangen, die Stadt der Brunnen, kehren wir wie es sich gehört beim Fidelis-Bäck ein und essen ganz traditionell Leberkäs – der übrigens in der Metzgerei Joos hergestellt wird und er lässt wiederum bei Philipp schlachten. Hier trifft das Bäcker- und das Fleischerhandwerk zusammen: Die Bäckerei existiert seit 1505, die Seelen werden nach altem Rezept hergestellt.  Nach 87 Kilometern und vielen Stopps, der letzte am Moorbad von Isny, kommen wir im Terrassenhotel Isny an. Auf der zweiten Etappe erwarten uns 80 Kilometer, bis nach Immenstadt (Hotel Krone in Stein). Doch der Tag beginnt erfrischend, in der kühlen Kunsthalle von Schloss Isny. Die Ausstellung „Große Gefühle im kleinen Format“ in Isny begeistert. Der Postkartenmaler Eugen Felle (gest. 1934)  hat seinerzeit erstmalig die Darstellung aus der Luft und jene besondere Perspektive gewählt, die wir heute durch Drohnenaufnahmen kennen. Als Künstler hat er zwar getreu den Vorlagen, egal ob von Fotos oder Luftbildaufnahmen stammend oder aus seiner eigenen Beobachtung gemalt, aber er hat den Blick aufs Wesentliche gelenkt. Und auch der Tourismus sowie der Fortschritt in der Landwirtschaft war schon Thema!

Auch wurde uns bewusst, dass die Menschen schon immer in einem SMS-Modus geschrieben haben: Auf Postkarten hatten nur wenige Worte Platz, dafür wurde sogar dreimal am Tag in Isny die Post zugestellt. Wer sich also am Vormittag für den Abend im Biergarten verabredete, hatte bis zum Abend auch die Antwort von allen erhalten.

 

Von Isny aus führt uns die heutige Etappe weiter über Lindenberg (mit kurzem Besuch des Deutschen Hutmuseums), Scheidegg, Weiler-Simmernberg nach Oberstaufen und hinab zum Großen Alpsee in Immenstadt. Die Nähe zum Naturpark Nagelfluhkette und den Allgäuer Alpen, damit die Höhenlage, sorgt schon für ein wenig gemäßigte Temperaturen. Und doch war hier jeder froh um die E-Unterstützung, die das Bergaufradeln erheblich erleichterten. Was für eine Wohltat, gegen Abend das klare Wasser im Großen Alpsee genießen zu können! Schwimmen tut gut, der ganze Körper wird gestreckt, das Wasser lockert die Muskeln und kühlt.

Und dann kam die letzte Etappe: Über den Illerradweg nach Memmingen, von wo aus meine Mitradler mit dem Zug in die Heimat fahren. Mitten durch Kempten hindurch führt der Weg. Eine gelungene Wegeführung, denn so kann man gleich die Altstadt besichtigen. Unbedingt empfehlenswert ist hier der Besuch der unterirdischen Erasmuskapelle: Multimedial werden 2.000 Jahre Stadtgeschichte nach erzählt. Auf dem Rathausplatz gibt es erst einen Kaffee, bevor es weiter nach Altusried geht.

© Fouad Vollmer Werbeagentur Mittelbiberach

Hier sieht man die Iller nur noch von oben und trifft erst ab Illerbeuren wieder auf sie. Steilhänge an den Prallhängen und Naturschutzgebiete an den Gleithängen lassen entlang der mäandernden Iller mit imposanten Illerdurchbruch keine andere Wegefühung zu.

Welch hohe Bedeutung der Iller in den vergangenen Jahrhunderten zukam, sieht man in der Wallfahrtskirche Maria Steinbach: Gleich mehrere Fresken sind der Iller, der Argen und dem Bodensee gewidmet. Man konnte nicht schwimmen, die Gebirgsflüsse stellten Gefahren für Mensch und Tier dar. Nicht wenige ertranken in den Fluten und von der Schmerzhaften Mutter Gottes erhoffte man sich Hilfe.

In Illerbeuren führt die historische Eisenbahnbrücke die Radler zurück ans Ufer der Iller. Und ein kühles Bad tut gut und wer noch Kraft hat, kann gegen den Strom schwimmen. Am Schwäbsichen Bauernofmuseum Illerbeuren treffen der Illerradweg und die Radrunde Allgäu zusammen.

Wer übrigens sein Rad optimieren und Gewicht einsparen möchte, kann in Füssen, im Hotel Sommer und auch Teil der Radrunde Allgäu, beim begeisterten Rennradler und Ingenieur Peter Fassbaender sich selbst einen ultraleichten Flaschenhalter aus Carbon wickeln.

Für seine Konstruktionen hat Fassbaender mehrfach Preise gewonnen und diese Leichtbauweise überträgt er aufs Rad.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.