29.

Jan

Die Manufaktur: Bahnhof-Apotheke in Kempten

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Von einer Manufaktur in Kempten ist auf Anhieb nichts zu sehen. Ich stehe vor dem Haus, dort, wo sich Bahnhof- und Kotterner Straße treffen, über mir verweist nur ein schlichter Schriftzug in goldenen Lettern auf die Bahnhof-Apotheke. Tatsächlich: In den Stockwerken über dem klassischen Verkaufsraum eröffnet sich eine eigene Welt. 250 Angestellte stellen hier auf über 4000 Quadratmetern in Handarbeit Produkte her, die in ganz Deutschland und Europa sowie weltweit begeisterte Abnehmer hat.

Manufaktur in Kempten

Bahnhof Manufaktur Kempten, Steg (©Bahnhof Apotheke Kemtpen)

Markant: der gläserne Steg über die Straße

Vom Haupthaus führt ein markanter Glas-Steg  über die Straße in den Erweiterungsbau. Dort wartet schon Inhaber Dietmar Wolz. Stolz zeigt er das Herzstück der Manufaktur, den Reinraum, der für Besucher nur von außen einsehbar ist. Dieser hochsensible Bereich darf nur in Schutzkleidung und über eine Schleuse betreten werden. Drinnen zapfen Mitarbeiter mit Haube und weißem Kittel Öle aus großen Fässern. Nach Rezeptur mischen sie ätherische Öle, schütteln sie und stellen sie je nach Produkt für einige Tage ins Reiferegal. Danach darf es abgefüllt werden.  Jede Charge kontrolliert eine Mitarbeiterin organoleptisch: Sie riecht daran, schaut sich die Konsistenz an und prüft das Haltbarkeitsdatum. Erst dann werden die Artikel, wie zum Beispiel das beliebte Baby-Öl im braunen Glasfläschchen, etikettiert, in lange, hohe Holzregale gestellt, um für den Versand verpackt zu werden. Jeder Schritt – mischen, abfüllen, kontrollieren, etikettieren, versenden – passiert von Hand. „Es ist unsere Philosophie, auf diese Weise zu arbeiten“, meint der Apotheker.

 

Abfüllen per Hand (©Bahnhof-Apotheke Kemtpen)

Wie alles begann und weiterging

Nach seinem Pharmazie-Studium in Tübingen suchte Dietmar Wolz eine Apotheke mit viel Raum, um selbst naturheilkundliche Mittel herzustellen. Das war schon immer seine Vision. In Kempten wurde er fündig und übernahm 1985 die Bahnhof-Apotheke. „Drei Jahre später war meine Frau schwanger mit unserem ersten Sohn, wir nahmen an einem Paar-Kurs bei der Hebamme Ingeborg Stadelmann teil. Sie war fasziniert von der Aroma-Therapie in der Geburtshilfe, so entstand unsere Zusammenarbeit. Als erstes entwickelten wir das Dammmassage-Öl“, erinnert sich der gebürtige Esslinger, immer noch unverkennbar im heimatlichen Dialekt. Noch heute stoßen die meisten auf die Produkte rund um Schwangerschaft, Geburt und Baby-Pflege, wenn sie ein Kind erwarten. „Mittlerweile setzen wir unsere Produkte auch am anderen Ende des Lebens, im palliativen Bereich, wirksam ein“, sagt Wolz.


Produkte rund um die Schwangerschaft (@Bahnhof-Apotheke Kempten)

Kleine Chargen in Handarbeit

Jede Woche trifft sich der Qualitätszirkel, der aus Mitarbeitern, Ingeborg Stadelmann und Dietmar Wolz besteht. Sie entscheiden, was wo eingekauft wird. Stets gilt das Prinzip: zuallererst Bio-Ware, danach Ware aus Deutschland, aus Europa, dann erst aus der ganzen Welt. „Wir kaufen immer direkt nach der Ernte frisch ein. Alles wird mit Schutzgas überzogen, Produktgerecht gelagert und nach und nach verarbeitet“, erklärt der 62-Jährige. So sind sie nie von großen Logistikern abhängig, sondern können die benötigten Produkte flexibel herstellen. Diese werden vor ihrer Verarbeitung im Labor analysiert und geprüft. „Wir sind sehr präzise und messen sehr viel, nur so können wir die Qualität dauerhaft sichern. Zudem verwenden wir keine Stabilisatoren, Konservierungs- oder Fließstoffe. So kann sich ein Öl auch mal eintrüben oder sich Klümpchen in einer Salbe bilden. Deshalb beraten und erklären wir auch viel zu unseren Produkten.“

Qualitätsprüfung Bahnhof Apotheke Kempten

Der Chef Dietmar Wolz im Kreis seiner Mitarbeiterinnen, rechts Hebamme Ingeborg Stadelmann (©Bahnhof-Apotheke Kemtpen)

Bio-Ware wird bevorzugt eingekauft, @Bahnhof-Apotheke

Größtenteils Frauen am Werk

In den verschiedenen Abteilungen trifft man fast nur auf Frauen. „Sie sind besser in taktilen, feinmotorischen Arbeiten. Ich wäre dafür nicht unbedingt geeignet“, begründet Dietmar Wolz schmunzelnd. Viele sind als pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) ausgebildet und in Herstellung und Handverkauf tätig. Die meisten sind wirkliche Allrounder: Mittags wechseln sie ihren Aufgaben-Bereich, zum Beispiel von der Abfüllung zum Kommissionieren, vom Etikettieren in den Versand. So entsteht keine Monotonie. Auch die Qualität der Arbeitsplätze liegt dem Apotheker sehr am Herzen: Neben höhenverstellbaren Tischen und guter Beleuchtung sind Decke und Einrichtung nach den Vorgaben eines Akustikers gestaltet.
Produkte werden in Handarbeit angefertigt (@Bahnhof-Apotheke Kempten)

Wolz im Einsatz

Dietmar Wolz kümmert sich um die Qualitätsprüfung, um den Einkauf und um die Firmenstrategie für die künftige Weiterentwicklung. Und er ist überall im Einsatz, wo es gerade brennt. Spannend ist für ihn immer ein neues Produkt: „Am Anfang bin ich sehr oft dabei, um zu sehen, dass es läuft. Ich bin keine Hebamme, aber mittlerweile mindestens ein Geburtshelfer“, lacht  der Vater zweier erwachsener Söhne, die beide ebenfalls Pharmazie studieren.  Der Jüngere könnte sich durchaus vorstellen, das Lebenswerk seines Vaters fortzuführen. Aber noch denkt Dietmar Wolz nicht ans Aufhören. Im Gegenteil, die „Bahnhof-Apotheke“ mit ihrer Manufaktur treibt er stetig voran. Für den täglichen Frische-Kick sorgt dabei sein Lieblingsprodukt – das Dusch & Shampoo Grapefruit ist natürlich aus eigener Herstellung.

Gut und gesund essen pur natur

Seiner Verpflichtung für ein gesundes Leben kommt er nicht nur in der Apotheke nach. Vor ein paar Jahren hat er gleich gegenüber den Naturkostladen mit angeschlossenem und sehr beliebtem Bistro eröffnet, das pur natur.

Info:
Bahnhof-Apotheke
Bahnhofstr. 12
87435 Kempten
0831 / 5 22 66 11
www.bahnhof-apotheke.de

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